Dysarthrophonie (Dysarthria)

Zentrale Sprechstörung, die sich durch approximierende, ataktische oder mühevolle Artikulation manifestiert und meist von Störungen der Funktionskreise Atmung, Prosodie und Phonation begleitet wird. Die sichtbare Sprechanstrengung wird durch die unterschießenden Bewegungen oder durch die überschießenden Bewegungen der Artikulationsorgane hervorgerufen, und verhindert eine im Bereich der Norm liegende Artikulation. Sie tritt aufgrund der Schädigung motorischer Hirnnerven auf, und ist keine Sprachstörung im Sinne einer Aphasie. Im Gs. zur Sprechapraxie sind die Fehlermuster konstant. Bei der Taxonomie von Dysarthrophonien kann nach folgenden Kriterien unterschieden werden:

(1) Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens (congenitale D., erworbene D.),
(2) Ätiologie der Störung (vasculär, neoplastisch, traumatisch, entzündlich, metabolisch, degenerativ, Intoxikation),
(3) Lokalisation der Störung (kortikale D., cerebelläre D., spinale D., centrale D., periphere D.)
(4) Beteiligung der kranialen Nervenfasern (V, VII, IX-X, XII),
(5) Beteiligung der Funktionskreise (Atmung, Phonation, Resonanz, Artikulation, Prosodie)
(6) Zugrundeliegende Erkrankung (Morbus Parkinson, Myasthenia Gravis, Amyotrophe Lateralsklerose, Apoplex, SHT).

Eine im klinischen Alltag häufig benutzte und für die Therapieplanung relevante Taxonomie beruht auf der Verteilung relativ prominenter Phönomene, die sich “ohrenphonetisch” oder mittels computerisierter Analyse erfassen lassen.

Darley unterscheidet sechs Arten der Dysarthrophonie. Die prominentesten Merkmale sind aufgezählt:

Schlaffe D. (Läsion des unteren motorische Neurons – Bulbärparalyse) offenes Näseln mit Luftaustritt, unpräzise Konsonanten, rauhe verhauchte Stimme, hörbares Einatmen, kurze Sätze.

Spastische D. (Läsion des oberen motorischen Neurons – Pseudobulbärparalyse) heisere Stimme, mühsame langsame monotone Sprechweise, unpräzise Konsonanten.

Ataktische D. (Läsion des Cerebellums) unpräzise Konsonanten, Betonung auch auf unbetonte Silben, über- und unterschießende artikulatorische Bewegungen, entstellte Vokale.

Hypokinetische D. (Läsion des extrapyramidalen Systems) monotone Sprechweise (Lautstärke und Tonhöhe), unpräzise Konsonanten, unangemessene stille Intervalle wechseln mit kurzen Sprechsequenzen.

Hyperkinetische D. (Läsion des extrapyramidalen Systems) unpräzise Konsonanten, entstellte Vokale, rauhe Stimmqualität, über- und unterschießende artikulatorische Bewegungen, gepreßte Stimme, monotone Sprechweise, kurze Sätze.

Gemischte D. (Mehrfachläsionen)

Literatur:

Darley, F.L., Aronson, A.E., Brown, J.R. (1975) Motor Speech Disorders. Saunders. Philadelphia.

Robertson, S.J., Thomson, F. (1992) Therapie mit Dysarthrikern. Gustav Fischer Verlag. Stuttgart, Jena.